Gottesdienst zum 15. Sonntag nach Trinitatis

Auf der Seite "Andachten" finden Sie einen einen Gottesdienst von Pfarrer Schröder zum Hören, die Predigt folgt hier als Text und am Ende wieder als PDF verlinkt.

Predigt zum 15. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Gemeinde, 

es ist Schöpfungszeit. Zumindest dann, wenn wir den Empfehlungen der ACK, der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen folgen, zu der auch die SELK gehört. Vor nun 13 Jahren hat nämlich die ACK zu dieser neuen Kirchenjahreszeit aufgerufen. Jeweils vom 1. September bis 4. Oktober soll eine Schöpfungszeit im Kirchenjahr be-gangen werden. Ein Monat lang soll in Gottesdiensten ganz besonders Gottes Schöp-fung in den Blick kommen. Die wunderbaren Geschenke, für die wir Gott loben kön-nen. Und unsere Verantwortung in der Schöpfung, auf die Gottes Wort uns anspricht. 

Dass wir uns den ersten Glaubensartikel neu bewusst machen, das wird von Jahr zu Jahr nötiger. Denn von der Wucht des menschengemachten Klimawandels bekommen ja immer mehr eine Ahnung: Wiesen und Felder liegen dürr da. In den Wäldern lauter tote, dunkle Bäume. Und in den Nachrichten Bilder von Eisgletschern, die in den Ozean krachen und Regionen, die in Flammen stehen. Das sind nur einige Beispiele, die uns erschreckend vor Augen führen, dass die Schöp-fung leidet. Viel Grund also Schöpfungszeit zu halten. 

Das heutige Predigtwort, die atl. Lesung aus dem 1 Mose-Buch, kann uns dazu eine Hilfe sein. Es ist ein Wort aus der Schöpfungserzählung, die wir in der Bibel finden. Und diese verrät uns etwas darüber, wie Gott sich unser Leben in der Schöpfung gedacht hat und wie es gelingen kann. 

Es war zu der Zeit, da Gott der HERR Erde und Himmel machte. 5 Und alle die Sträucher auf dem Felde waren noch nicht auf Erden, und all das Kraut auf dem Felde war noch nicht gewachsen. Denn Gott der HERR hatte noch nicht regnen lassen auf Erden, und kein Mensch war da, der das Land bebaute; 6 aber ein Strom stieg aus der Erde empor und tränkte das ganze Land. 7 Da machte Gott der HERR den Menschen aus Staub von der Erde und blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen. 8 Und Gott der HERR pflanzte einen Garten in Eden gegen Osten hin und setzte den Menschen hinein, den er gemacht hatte. 9 Und Gott der HERR ließ aufwachsen aus der Erde allerlei Bäume, verlockend anzusehen und gut zu essen, und den Baum des Lebens mitten im Garten und den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen. (…) 15 Und Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte. (1. Mose 2,4c-9.15) 

Diese wunderbare Erzählung zeigt uns drei wesentliche Aspekte unseres Lebens in der Schöpfung. Wie wir mit ihr ver-bunden sind, in ihr ganz besonders begabt sind, und für sie eine wichtige Aufgabe haben. Da ist zum Ersten die Erkennt-nis: Wir sind von Anfang an mit der ganzen Schöpfung verbunden, erdverbunden sozusagen. In der Schöpfungserzählung wird das anschaulich dargestellt: 

Da machte Gott der HERR den Menschen aus Staub von der Erde. 

Gott greift in die Erde und macht den Menschen. Wir Menschen sind voll und ganz Teil der Schöpfung, die uns umgibt und ihrer Elemente. Sie ist nicht nur Umwelt, sondern auch Mitwelt. Wir sind aus ihr hervorgegangen. Wir bestehen nicht aus irgendwelchen Sonderelementen, sondern sind von der staubigen Erde genommen. Bei jeder Beerdigung wird uns das wieder vor Augen geführt, wenn es heißt „Erde zu Erde und Asche zu Asche.“ 

Wie sehr die ganze Schöpfung miteinander verbunden ist, zeigt ja die Klimakrise deutlich auf. Sie ist nicht auf ein Ort oder ein Land begrenzbar. Sondern irgendwie hängt alles mit allem zusammen in Gottes Schöpfung. Die schockierende Abholzung des Regenwaldes betrifft nicht nur die Waldbewohner Brasiliens, sondern hat auch für uns alle massive Fol-gen. Doch viel zu oft sehen wir unsere tiefe Verbundenheit mit der Schöpfung nicht mehr. Stattdessen wird die Schöp-fung zum Ding, an dem wir uns grenzenlos bedienen können. Dabei sind wir doch selbst auch nur ein Teil der Schöpfung, eben Mitgeschöpfe. 

Doch die Schöpfungserzählung sagt uns noch mehr über den Menschen als dass er ein Teil der Schöpfung ist. Der Mensch ist nämlich auch ein besonderer Teil der Schöpfung. Da heißt es: 

Gott der HERR blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen. 

Gott nimmt ein Stück Erde und haucht hinein. Der Mensch bekommt Gottes Lebensodem eingehaucht. Was für ein wunderbares Bild. Wir sind von Gott mit besonderem Geist und besonderen Gaben gesegnet. Was sind diese besonde-ren Gaben. Wir können fühlen und auch mitfühlen. Wir können denken und entscheiden. Wir können miteinander kom-munizieren, Pläne schmieden und sie umsetzen. Ja, manche dieser Gaben sind nicht auf den Menschen begrenzt, son-dern kommen auch vielen Tierarten zu. So war ich z.B. begeistert, als wir in unserem letzten Urlaub einen Imker besuch-ten und dort eine kleine Führung bekamen. Mit wieviel Sorgfalt und Koordination ein Bienenvolk miteinander lebt. Ver-blüffend. Und doch sind wir Menschen in der Form, in der wir denken und Kultur schaffen wohl einmalig. 

Als eben diese Menschen, erdverbunden mit der Schöpfung und von Gott reich begabt, haben wir einen Auftrag in der Schöpfung. Und den beschreibt die Schöpfungserzählung so: 

Und Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte. 

Der Mensch soll bebauen und bewahren. Diese beiden Begriffe bringen es auf den Punkt, wie ein gutes Leben in Gottes Schöpfung aussehen könnte. Wir sollen Schöpfung gestalten und mit ihr umgehen. Wir dürfen Mitarbeiter in Gottes Schöpfung sein. Aber zugleich sollen wir auch Wächter der Schöpfung sein. Wir sollen sie bewachen und bewahren. Es geht also um das gute Maß zwischen Bauen und Bewahren. 

Schauen wir aber auf unsere Welt, dann müssen wir eingestehen, dass wir Menschen diesem Auftrag oftmals nur sehr einseitig nachgekommen sind. Die Welt zu bebauen - immer mehr und immer höher und immer neuer -, das schien lange Zeit die wichtigste Menschheitsaufgabe. Und in manchen Köpfen ist das heute noch so. 

Doch bei allem Bauen wurde der zweite Teil des Schöpfungsauftrages so oft vergessen: Wir sollen diese Schöpfung auch bewahren. Wir sollen nicht Ausbeuter und Feinde der Schöpfung sein, sondern uns als Wächter um sie stellen. Und ich denke, das ist das Gebot der Stunde: Dass wir den Schutz und die Bewahrung der Schöpfung als unsere erste Aufgabe erkennen und angehen. 

Und dieses große Wort „Bewahrung der Schöpfung“, das kann ja dann in ganz kleine Münze übersetzt werden. Ja, es ist wichtig, dass in der großen Politik die richtigen Weichen gestellt werden. Dass die EU sich nun immer ehrgeizigere Ziele setzt ist ein positives Zeichen. Aber ebenso wichtig sind die vielen kleinen Schritte, die wir tun können, um Gottes Schöp-fung zu bewahren. Das beginnt schon da, wo ich mich einübe, die Welt um mich herum nicht als Ding, sondern als mein Mitgeschöpf zu sehen. Das geht da weiter, wo ich überlege, was ich wirklich zum Leben brauche und wo ich bescheidener leben kann. Das hat da seinen Ort, wo ich beim Einkauf nicht nur den Preis, sondern vor allem die Nachhaltigkeit eines Produktes in den Blick nehme. Genau in solchen kleinen Schritten des Alltags beginnt die Bewahrung der Schöpfung - mitten hier bei uns im Dorf und in unseren Häusern. 

„Und was soll das am Ende bringen? Das ändert ja doch nichts.“ Solche Sätze habe ich oft gehört. Ja, es kann frustrierend sein, seine kleinen Schritte zu tun und zugleich die großen ökologischen Baustellen in der Welt zu sehen. Angesichts der Größe der Klimakrise kann einem da durchaus schwindelig werden und auch der Mut sinken. Gott sei Dank liegt das Wohl und Wehe dieser Welt zuletzt aber nicht auf unseren Schultern. Auch wenn wir von den ersten Seiten der Bibel an zur Bewahrung der Schöpfung aufgerufen sind, finden wir auf den letzten Seiten der Bibel nochmal einen anderen Blick auf die Schöpfung. Da schreibt der Prophet Johannes: 

Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr. und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu! (Offenbarung 21,1.4-5) 

„Siehe ich mache alles neu!“ Gott selbst verheißt seiner Schöpfung, dass es einmal gut mit ihr sein wird. Gott selbst will einmal allem Leid ein Ende setzen und die Schöpfung neu machen. Angefangen hat er damit schon, als er in Jesus Chris-tus seine Schöpfung besucht hat und als in seinen Worten und Taten etwas deutlich wurde von diesem neuen Leben. Das soll unsere Hoffnung sein: Dass Gott mit seiner Schöpfung noch nicht am Ende ist. Und dass er durch alles Vergehen hindurch an ihr und uns festhält. Und weil wir das wissen dürfen, kann Mut entstehen auch für unser Tun in dieser Welt. Denn wenn Gott seiner Schöpfung Zukunft verspricht, dann will auch ich an diese Zukunft glauben. Und meinen kleinen Teil in Gottes wunderbarer Schöpfung in Hoffnung tun. 

Amen.

Zurück