Gottesdienst zum 19. Sonntag nach Trinitatis

Auf der Seite "Andachten" finden Sie einen einen Gottesdienst von Pfarrer Schröder zum Hören, die Predigt folgt hier als Text und am Ende wieder als PDF verlinkt.

Predigt zum 19. Sonntag nach Trinitatis

 So zieht nun an als die Auserwählten Gottes, als die Heiligen und Gelieb-ten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld; und ertrage einer den andern und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr! Über alles aber zieht an die Liebe, die da ist das Band der Voll-kommenheit. Und der Friede Christi, zu dem ihr auch berufen seid in ei-nem Leibe regiere in euren Herzen; und seid dankbar. Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen: lehrt und ermahnt einander in aller Weisheit; mit Psalmen, Lobgesän-gen und geistlichen Liedern singt Gott dankbar in euren Herzen. Und alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn. (Kolosser 3,12-17) 

I. Was zieh ich an? 

(gesungen) Was zieh ich an, was zieh ich an, damit man mich auch gut sehen kann? 

Liebe Gemeinde, 

vielleicht fühlst Du Dich durch diese Zeilen auch erinnert an Kindheitstage. Vielleicht auch an Kinder oder Enkelkinder, die dieses Lied rauf und runter gehört haben oder sogar selbst zum Besten gegeben haben. Der Kinder-Liedermacher Rolf Zuckowski stellt darin die Frage: Was zieh ich heute an? 

Ja, was zieh ich heute an? Ein gut bekannte Frage. Und ganz ehrlich: Wenn ich morgens an den Früh-stückstisch gehe, dann zieh ich am Liebsten eine kurze Hose und Kapuzenpulli an. Einfach gemütlich eben. Doch, wenn es dann später aus der Wohnung geht, dann steh ich vor meinem Kleiderschrank und frage mich: Was zieh ich heute an? Was passt für diesen Tag und für die Orte, an die ich gehen werde. Was ist die angemessene Kleidung? Ist jemand Bauarbeiter, dann wird er sich die robuste Arbeitsklei-dung aus dem Schrank ziehen. Bin ich Büromensch, dann braucht’s vielleicht den feinen Zwirn. Bin ich Lehrer, dann muss es seriös und gebildet aussehen. Aber eben auch nicht zu spießig, bitte. Bin ich Schü-ler, dann sollte es möglichst hip aussehen. Bin ich Christ, dann sollte es... Ja, wie sollte es dann eigentlich aussehen? Wie sieht eine christliche Kleidung aus? Gibt es das überhaupt? Christliche Kleidung? Manch einer wird sich noch erinnern an Zeiten, da es einen klaren christlichen Kleidungskodex gab: Männer tragen am Sonntag Anzug mit Krawatte, Frauen Röcke, aber nicht kniefrei. Und das Haar ist bitte be-deckt. An manchen Orten trifft man solch einen klaren christlichen Kleiderkodex auch heute noch an. 

II. Die christliche Kleidung 

Auch Paulus geht es im heutigen Textabschnitt um die christliche Kleidung. Das Bild der Kleidung ist hier jedoch metaphorisch zu verstehen, eben als Bild. Paulus will uns nicht Rock und Anzug vorschrei-ben. Das sind äußerliche Fragen. Nein, wenn Paulus hier auf die christliche Kleidung zu sprechen kommt, dann geht es ihm um unsere innerliche Kleidung. Es geht ihm um unsere Verhaltensweisen, die unser Leben und unser Miteinander bestimmen. Es geht ihm um die innerliche christliche Kleidung. Und da wird es nun wirklich spannend: Ja, wie sieht denn so ein Christ von innen aus? Was macht ihn aus in seinem Verhalten? Was soll die christliche Gemeinde ausmachen in ihrem Verhalten untereinander? 

„So zieht nun an ... herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld; und ertrage einer den andern und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern.“ Lasst uns diese Kleidung etwas genauer betrachten: 

Herzliches Erbarmen. Im Griechischen steht da soviel wie: ein Herz des Erbarmens. Ich finde das ein wunderbares Bild, das man kurz auf sich wirken lassen darf: Zieht an ein Herz, das voll ist von Erbarmen und Barmherzigkeit. Ein Herz, in dem der Andere Platz hat so wie er ist. Und dann Freundlichkeit. Nicht ständig blaffen, sondern einander mit guten Worten begegnen, die aufrichten und trösten. Demut. Nicht 2 

 

mich über den anderen stellen, sondern mich für den Anderen auch mal kleinmachen. Sanftmut. Nicht bei jeder Gelegenheit an die Decke gehen, sondern den eigenen Zorn auch mal besänftigen. Geduld. Nicht stets auf die Uhr zeigen und alles jetzt und sofort erwarten, sondern auch mal Zeit für den Anderen und Zeit mit dem Anderen haben. 

In diesen 5 Kleidern zeigt Paulus uns christliches Leben: Ein Herz des Erbarmens, Freundlichkeit, De-mut, Sanftmut, Geduld. Und dann bringt er das ganze auf den Punkt, wenn er sagt: „Und ertrage einer den andern und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern.“ Christliches Leben ist also zuallererst davon bestimmt, dass es von Vergebung geprägt ist. Christliches Leben ist gnä-diges Leben. Denn da schlägt das Herz des Erbarmens. 

Wie heilsam kann diese christliche Kleidung doch für uns und unser Miteinander sein. Das bedeutet nämlich, dass wir als christliche Gemeinde nicht perfekt sein müssen, nicht die fehlerfreie Kirche. Nein, es bedeutet, dass wir zuallererst gnädig seien sollen miteinander. Eine gnädige Kirche. Eben weil wir wissen, dass wir nicht die Gemeinschaft der Perfekten sind, sondern der Sünder, ja der begnadigten Sün-der. Und das gleiche gilt dann ja auch für unsere kleine christliche Gemeinschaft in unserer Familie oder in unserer Ehe oder Partnerschaft. Da müssen wir uns nicht mit perfekten Erwartungen und Forderun-gen das Leben schwer machen, sondern sollen gnädig miteinander umgehen. Gleichwohl: Das heißt dann nicht, dass Fehler und gegenseitige Verletzungen unter den Teppich gekehrt werden sollen. Sie dürfen benannt werden – und müssen es manchmal auch. Aber diese Fehler und Verletzungen müssen uns nicht voneinander trennen. Denn im christlichen Miteinander schlägt ein Herz des Erbarmens, das den ande-ren trotz seiner Fehler und Fehltritte liebevoll trägt. Und zuletzt gilt es auch für mich selbst: Auch ich darf gnädig mit mir selbst sein und mir meine Fehler verzeihen. So schwer das auch fallen mag. 

III. Die Kleidung Christi 

Doch die Frage muss erlaubt sein: Kann ich mir so ein Herz des Erbarmens ganz einfach anlegen? Kann ich so einfach vergeben und ertragen? Wir kennen uns ja gut genug. Diese Kleidung, die Paulus uns vor-stellt, ist nicht unsere Konfektionsgröße. Sie passt uns nicht. Diese Worte sind zu groß für mich. Stimmt! Denn diese Kleidung ist die Kleidung eines anderen. Das Herz des Erbarmens, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut und Geduld, das ist die Kleidung Jesu Christi. Er hat dieses Herz des Erbarmens, das selbst am Kreuz noch für seine Menschen schlug, als er gebeten hat: „Vergib Ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Wenn Paulus uns nun auffordert, die großen Christenkleider anzuziehen, dann tut er das nicht, ohne uns zugleich daran zu erinnern, dass es die Kleider Christi sind, die Christus auch für uns getragen hat. 

Und daher schreibt Paulus: „Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen.“ Schau nicht zuerst auf dein Können und Vermögen, sondern lass dich anstecken vom Wort Christi. Lass dein Herz warm wer-den an dem Herz des Erbarmens, das in Christus schlägt. Er sagt: Dir ist vergeben! Daran soll dein Herz warm werden und Erbarmen lernen. Dieses Wort Christi soll bei uns heimisch werden, unter uns woh-nen. So wachsen auch wir mehr und mehr hinein in die großen, ja die großartigen Kleider Christi. 

IV. Legt an die Kleidung! 

Liebe Gemeinde, 

was zieh ich an, was zieh ich an, damit man mich auch gut sehen kann? Das fragt Rolf Zuckowski sich bevor er auf sein Fahrrad steigt und am Straßenverkehr teilnimmt. Wenn wir uns täglich aufmachen in unser Leben, dann lasst auch uns daran denken, was unsere christliche Kleidung ist: Ein Herz des Erbar-mens, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut und Geduld. Und „über alles“, so ergänzt Paulus „zieht an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit“. 

Amen.

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