Gottesdienst zum Erntedankfest

Auf der Seite "Andachten" finden Sie einen einen Gottesdienst von Pfarrer Schröder zum Hören, die Predigt folgt hier als Text und am Ende wieder als PDF verlinkt.

Predigt zum Erntedankfest

 Zu der Zeit, als wieder eine große Menge da war und sie nichts zu es-sen hatten, rief Jesus die Jünger zu sich und sprach zu ihnen: Mich jammert das Volk, denn sie harren nun schon drei Tage bei mir aus und haben nichts zu essen. Und wenn ich sie hungrig heimgehen ließe, würden sie auf dem Wege verschmachten; denn einige sind von ferne gekommen. Seine Jünger antworteten ihm: Woher nehmen wir Brot hier in der Einöde, dass wir sie sättigen? Und er fragte sie: Wie viele Brote habt ihr? Sie sprachen: Sie-ben. Und er gebot dem Volk, sich auf die Erde zu lagern. Und er nahm die sieben Brote, dankte, brach sie und gab sie seinen Jüngern, dass sie sie austeilten, und sie teilten sie unter das Volk aus. Sie hatten auch einige Fische; und er sprach den Segen darüber und ließ auch diese austeilen. Und sie aßen und wurden satt. Und sie sammelten die übrigen Brocken auf, sieben Körbe voll. Es waren aber etwa vier-tausend; und er ließ sie gehen. (Markus 8,1-9) 

Liebe Gemeinde, 

Jesus teilt, was er hat, und macht damit eine riesige Menge satt. Heut am Erntedankfest gibt er damit auch uns ein Vorbild, zu teilen, wofür wir danken. Doch mit dem Teilen ist es ja so ein Ding. 

Da treffen sich zwei gute Bekannte und feiern ihre Freundschaft. „Sag mal, wenn Du fünf Autos hättest, würdest Du mir dann eines davon schenken?“ „Aber natürlich“, antwortet der Gefragte wie aus der Pistole geschossen. „Und wenn Du fünf Smartphones hättest, würdest Du mir dann auch eines schen-ken?“ „Na, selbstverständlich.“ „Und wenn Du fünf Hemden hättest, würdest Du mir dann auch eines schenken.“ Der Gefragte schüttelt den Kopf. „Warum nicht?“ „Nun ja, ich habe fünf Hemden.“ 

Ihr Lieben, 

ich fühle mich ertappt von dieser kleinen Geschichte. Denn sie zeigt mir auf, wie es manchmal mit dem Teilen so ist. Reden kann ich viel davon, dass ich teilen will mit denen, die weniger haben. Doch, wenn es dann wirklich praktisch wird und an mein Portemonnaie geht, dann komme ich doch ins Zögern. Ich merke, dass mir das Teilen manchmal nicht so leicht fällt, wie ich es mir wünschen würde. Da ist dann doch schnell der Blick auf mich und mein Wohl. Auf all zu viel will ich ja nun auch nicht verzichten. Ich hab’s mir doch verdient und ich will meinen Verdienst genießen. Der reiche Kornbauer, über denen ich eben in der Evangeliums-Lesung noch innerlich den Kopf geschüttelt habe, er ist mir plötzlich ganz schön nah. Und noch dazu kommt ja die Frage, was meine Hilfe überhaupt nutzt angesichts der vielen, vielen hilfsbedürftigen Menschen in der Welt. Die Nachrichten sind doch voll von Hunger, Leid und Elend. Und angesichts der Corona-Krise sind die Bedürftigen ja nicht mehr nur in der Ferne, sondern auch in der Nachbarschaft und Bekanntschaft. Was nutzt da schon mein kleiner Teil, den ich geben kann. Ist er nicht doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein? Verändern werde ich mit meinem Teilen sicher nichts. Also kann ich es gleich ganz nachlassen. 

Gegen solche Gedanken, die mir das Teilen madig machen wollen, setzt Jesus im heutigen Predigtwort ein anderes heilsames Beispiel. Ich will es dreifach betrachten: Jesus sieht. Jesus dankt. Jesus teilt. 

Zuerst: Jesus sieht die hungrigen Menschen. Schon drei Tage lang waren sie bei ihm gewesen. Sie hat-ten miteinander gesprochen und er hatte ihnen gute Worte gegeben. Er hatte ihnen etwas gegeben für ihren inneren Hunger, dem Hunger nach Leben und nach Sinn. Doch nun knurrt der Magen. Jesus sieht auch ihren ganz leiblichen Hunger. Und das rührt ihn an. Es heißt in der Bibel, dass es ihm bis an die Nieren geht, was er sieht. Jesus schaut nicht weg vor der Not um ihn herum, sondern lässt sich anrühren. Und so ist für ihn klar: So können wir die Menge nicht gehen lassen. Wir können nicht taten-los bleiben angesichts des Elends um uns herum. Ich bin mir ziemlich sicher: Die schlimmen Bilder aus Moria, die wir dieser Tage sehen, Jesus würde sie nicht ignorieren. 

Als Jesus die Not der Menschen sieht, tut er ein Zweites: Er dankt für das, was er hat. Seine Jünger hatten schnell abgewunken: „Ja, Jesus, es wäre gut, wenn wir ihnen helfen. Aber das geht nicht. Es sind zu viele und unsere Mittel zu wenig. Gerade einmal sieben Brote. Was ist das schon für diese Menge an Menschen. Und außerdem brauchen doch wir selbst auch noch genug zu essen.“ Doch Jesus winkt nicht ab. Er schaut nicht zuerst auf den Mangel. Stattdessen nimmt er das Wenige, was sie haben, in die Hand und dankt Gott dafür. Anstatt zu verzagen über den tatsächlich sehr begrenzten Mitteln, sagt Jesus: Danke für das, was da ist. Wo wir Gott so danken über dem, was wir haben – sei es viel oder wenig –, da weiter sich der Blick. Da wird mir nämlich deutlich, dass alles in meiner Hand, nicht allein mein Verdienst ist, sondern vor allem Gottes gute Gabe. Er ist es, der es mir gegeben hat. Er sorgt für mich. 

Aus diesem dankbaren Blick Jesu wächst dann ein Drittes: Jesus teilt. Er teilt das Wenige in seiner Hand. Ein ganz schönes Wagnis. Würde es reichen? Wäre am Ende noch genug für ihn selbst da? Doch er teilt und tut dies im Vertrauen darauf, dass Gott auch aus Wenigem etwas Wertvolles machen kann. Denn dafür steht unser Gott. Das tat und tut er immer wieder. In einem einfachen Menschenkind schenkt er die Erlösung der Welt. Unter Brot und Wein empfangen wir das Leben. Gott macht aus Wenigem Wert-volles. Auch beim Teilen. Solange wir nur mit unseren begrenzten Mitteln rechnen, haben wir durchaus Grund zum Zweifel, ob die ganze Angelegenheit sinnvoll ist. Doch als Christen geben wir unseren Teil im Vertrauen auf Gott. Darauf, dass seine Möglichkeiten nicht begrenzt sind. Und im Vertrauen darauf, dass er es ist, der Elend wenden kann und will. Am Ende der Geschichte sind die Menschen satt und die Not gewendet. So einfach und eindeutig erleben wir das leider selten. Flüchtlingslager bleiben ge-füllt und immer neue Krisenregionen entstehen. Und dennoch kann diese wunderbare Geschichte uns Mut machen, das Wenige, das wir haben, in die Hand zu nehmen und zu teilen. Und dann Gott zu vertrauen und ihm beharrlich in den Ohren zu liegen, dass er doch die Not wenden möge. 

Liebe Gemeinde, 

der Erntedanktag lädt ein zum Danken, zum Sehen und zum Teilen. Innezuhalten und zu entdecken, wo überall Gott uns beschenkt hat und es täglich tut – auch in diesem Jahr, wo vieles anders und für manche auch weniger ist als gewohnt. Dank dem Geber aller Gaben. Der Erntedanktag ruft uns dann aber auch dazu auf zu sehen, wo Menschen bedürftig sind. Und uns von ihrem Schicksal anrühren zu lassen. Wo das geschieht, kann aus unserem Danken ein Teilen werden, das mehr ist als Worte und gute Vorsätze. Im Vertrauen auf Gott, der auch aus Wenigem viel machen kann.

Amen.

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