Miserikordias Domini
Auf der Seite "Andachten" finden Sie einen einen Gottesdienst von Pfarrer Schröder zum Hören, die Predigt folgt hier als Text und am Ende wieder als PDF verlinkt.
Predigt zum Sonntag Miserikordias Domini
Hört Gottes Wort aus dem Buch des Propheten Hesekiel im 34. Kapitel:
1 Und des HERRN Wort geschah zu mir: 2 Du Menschenkind, weissage gegen die Hirten Israels, weissage und sprich zu ihnen: So spricht Gott der HERR: Wehe den Hirten Israels, die sich selbst weiden! Sollen die Hirten nicht die Herde weiden? (…) 10 So spricht Gott der HERR: Siehe, ich will an die Hirten und will meine Herde von ihren Händen fordern; ich will ein Ende damit machen, dass sie Hirten sind, und sie sollen sich nicht mehr selbst weiden. Ich will meine Schafe erretten aus ihrem Rachen, dass sie sie nicht mehr fressen sollen. 11 Denn so spricht Gott der HERR: Siehe, ich will mich meiner Herde selbst annehmen und sie suchen. 12 Wie ein Hirte seine Schafe sucht, wenn sie von seiner Herde verirrt sind, so will ich meine Schafe suchen und will sie erretten von allen Orten, wohin sie zerstreut waren zur Zeit, als es trüb und finster war. 13 Ich will sie aus den Völkern herausführen und aus den Ländern sammeln und will sie in ihr Land bringen und will sie weiden auf den Bergen Israels, in den Tälern und wo immer sie wohnen im Lande. 14 Ich will sie auf die beste Weide führen, und auf den hohen Bergen in Israel sollen ihre Auen sein; da werden sie auf guten Auen lagern und fette Weide haben auf den Bergen Israels. 15 Ich selbst will meine Schafe weiden, und ich will sie lagern lassen, spricht Gott der HERR. 16 Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte zurückbringen und das Verwundete verbinden und das Schwache stärken und, was fett und stark ist, behüten; ich will sie weiden, wie es recht ist. (…) 31 Ja, ihr sollt meine Herde sein, die Herde meiner Weide, und ich will euer Gott sein, spricht Gott der HERR. (Hesekiel 34,1-2.10-16.31)
Liebe Gemeinde,
der heutige Sonntag Miserikordias Domini gilt weithin als „Hirtensonntag“. Und ist damit wohl einer der beliebtesten Sonntage im Kirchenjahr. Denn da hören wir den schönen Psalm 23 und Jesu Wort vom guten Hirten. Doch das ist nur die eine Seite dieses Sonntags. Heute hören wir auch ein Wort von den schlechten Hirten. Denn auch diese Rede findet sich in der Bibel immer wieder. Da wird vor schlechten Hirten gewarnt und diese selbst ermahnt. So wie Hesekiel es auch tut: „Wehe den Hirten Israels, die sich selbst weiden! Sollen die Hirten nicht die Herde weiden?“
An wen dachte wohl der Prophet Hesekiel bei diesen Worten? Seine Worte sind im babylonischen Exil gesprochen. Waren es die Volksvertreter vor Ort oder im fernen Heimatland? Waren es die Priester und geistlichen Leitungspersonen? Genau können wir es nicht sagen. Diese mahnenden Worte gehen jedenfalls an diejenigen, die Leitungsaufgaben innehaben.
Auch wenn wir heute wohl Leitung anders verstehen als in damaliger Zeit, so ist es doch noch immer so, dass es Menschen gibt, die Leitungsaufgaben haben. Und solche „Hirten“ die braucht es auch, Eltern, Politikerinnen, Pastoren, Kirchenvorsteherinnen und, Gruppenleiter. An sie alle geht das mah-nende Wort des Hesekiel: Kümmert Euch um die, die Euch anvertraut sind.
In diesen Tagen geht ja das Wort des Politikversagens um. Da wird unseren Politikerinnen und Politi-kern vorgeworfen, dass Sie angesichts der Pandemie versagt hätten in Ihrer Aufgabe, unser Land zu leiten. Und das Gefühl, dass in diesen Wochen ein guter Plan fehlt, ist wohl kaum vom Tisch zu wi-schen. Und doch können wir die mahnenden Worte des Hesekiel nicht einfach auf alle Fälle des Lei-tungsversagens anwenden. Denn es gibt in dieser Welt auch ein Versagen in Leitungsaufgaben, weil unsere menschliche Kraft und Weisheit ganz einfach Grenzen hat. Und weil es Probleme gibt, die uns zu groß werden und uns unsere Grenzen aufzeigen. Da mühen sich Menschen ab, um Leitung zu über-nehmen und Lösungen zu finden, und scheitern doch. Wie gut, wenn wir uns unsere Begrenztheit ehrlich eingestehen und einander zugestehen können. Dass bedeutet dann gnädig miteinander zu sein, anstatt schnell zu verurteilen.
Das mahnende Wort des Hesekiel hat hingegen andere Hirten im Blick. Es richtet sich an Hirten, die sich allein um sich selbst kümmern. Und auch dafür gibt es ja genügend Beispiele aus unserer Zeit: Dass Menschen in Leitungsverantwortung nur den eigenen Vorteil suchen und sich selbst bereichern. Das ist dann ein Leitungsversagen, dem das Wehe des Propheten gilt.
Doch das mahnende Wort an die schlechten Hirten ist nicht das letzte Wort, das wir bei Hesekiel finden. In seinen Worten gibt uns Gott eine wunderbare Verheißung
„Denn so spricht Gott der HERR: Siehe, ich will mich meiner Herde selbst annehmen.“
Das ist die frohe Botschaft des Hirtensonntags. Wo wir merken, dass es gar nicht leicht ist, gute Wege zu finden, da sagt Gott selbst uns seine Leitung zu. Dass ist eine frohe Botschaft für alle, die unter den Schwächen ihrer Hirten leiden. Dass ist aber auch eine frohe Botschaft für alle Hirten, die um ihre eigenen Grenzen wissen. Gott selbst will sich seiner Herde annehmen und für sie sorgen.
Das bedeutet nun nicht, dass wir die Hände in den Schoss legen könnten. Denn ein Hirte leitet ja nicht, indem er an die Leine nimmt. Ein Hirte leitet, indem er weidet. Wir sind immer wieder herausgefor-dert, nach guten Wegen auf der Weide Gottes zu suchen. In der Familie, in der Gesellschaft, in der Kirche.
Aber in all dem dürfen wir vertrauen, dass Gott als guter Hirte unsere Weide umwacht. Bei Hesekiel ist die Rede davon, dass Gott gute Weide gibt. Dass er dem nachgeht und sucht, der sich verirrt hat. Und dass er verbindet und stärkt, wo sich jemand auf seinem Weg verletzt hat.
Das ist doch eine wunderbare Verheißung unseres Gottes. In Jesus Christus ist sie leibhaft geworden. „Ich bin der gute Hirte“, hat Jesus gesagt. Und die ihn hörten, wussten, was das heißt. Und so folgten sie ihm nach, damals und heute. In der Nachfolge dieses guten Hirten hören wir Worte, die Mut ma-chen. Jesus Christus spricht: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir, und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen.“ (Johannes 10,27-28)
Amen.