Ostern
Auf der Seite "Andachten" finden Sie einen einen Gottesdienst von Pfarrer Schröder zum Hören, die Predigt folgt hier als Text und am Ende wieder als PDF verlinkt.
Predigt zum Osterfest
Hört Gottes Wort aus dem Osterevangelium bei Markus:
Und sie (Maria von Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus und Salome) sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür? Und sie sahen hin und wurden gewahr, dass der Stein weggewälzt war; denn er war sehr groß. Und sie gingen hinein in das Grab und sahen einen Jüngling zur rechten Hand sitzen, der hatte ein langes Gewand an, und sie entsetzten sich. Er aber sprach zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. (Markus 16,3-6)
Liebe Gemeinde,
mitten im Osterevangelium hören wir von einem Stein. Um den soll es in dieser Predigt gehen (Stein in Hand). Was macht so einen Stein aus. Nehme ich ihn in die Hand, dann spüre ich, wie steinhart er ist. Ich kann ihn weder verformen noch zerdrücken. Solange die Sonne ihn nicht aufwärmt ist er außerdem total kalt. Und schwer. An so einem Stein, da ist nicht viel Lebendiges. Er ist vielmehr Produkt vergangener Zeiten.
Der Stein, der vor Jesu Grab gewälzt wurde, ist daher nicht einfach nur eine geeignete Grabestür damaliger Zeit. Der Stein vor Jesu Grab ist zugleich Zeichen des kalten Todes und der harten Endgültigkeit. Vor Jesu Leichnam wird der schwere Stein gewälzt und sagt uns: Aus und vorbei. Tod.
Die drei Frauen, die sich frühmorgens zum Grab aufmachten, sie waren auch an dem Abend dabei, als der Stein vor das Grab Jesu gewälzt wurde. Und ich denke, an diesem Abend ist nicht nur vor das Grab Jesu ein Stein gewälzt worden. Ein Stein hatte sich wohl auch auf das Herz der Frauen gelegt. Schweren Herzens gingen sie davon. Es war so unfassbar, was sie erlebt hatten. Ihr Meister war tot. Der, auf den sie all ihre Hoffnung gesetzt hatten, war dahin. Aus und vorbei. Wie sollte es nur weitergehen für sie? Ich denke, der Stein des Schmerzes, der Trauer und der Sorge, den diese Frauen spürten, war sicherlich mindestens so schwer wie der Stein vor Jesu Grab.
So brechen sie auf am Ostermorgen. „Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür?“ Das war die Frage, die sie bewegte auf dem Weg. Und ich will sie erweitern und umsprechen: „Wer wälzt uns den Stein von unseres Herzens Tür? Wer kann uns wieder neue Hoffnung und neues Leben geben?“ Die drei Frauen hatten noch gut in Erinnerung, wie groß und schwer der Stein des Vorabends war. Alleine würden sie damit niemals fertig werden. Ihre Fragen klingen in meinen Ohren ratlos.
Doch was ist das? Als die drei Frauen zum Grab kommen, sind sie verwirrt. Der Stein ist weg. Schnell rennen sie zum Grab. Zögerlich treten sie ein. Und dann hören sie als Erste das Osterwort:
„Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier.“
Plumps. Drei Worte und die Steine beginnen zu fallen: ER IST AUFERSTANDEN. Plötzlich fällt die lähmende Schwere von ihren Herzen. Stattdessen pure Aufregung: Entsetzen, Zittern, Erstaunen, Furcht.
Liebe Gemeinde,
Der Stein ist weg. Das haben die Frauen am Ostermorgen erfahren. Was für eine Erleichterung.
Welche Steine haben wir heute eigentlich mitgebracht. Was liegt uns an diesem Osterfest schwer auf dem Herzen? Sicherlich gehört die Pandemie mit all den Einschränkungen zu diesen Herzenssteinen. Vielleicht ist da aber auch Unfriede in einer Beziehung? Vielleicht ist da die Sorge um einen lieben Menschen oder um das eigene Leben? Gerade in diesen Tage gibt es so viele Steine, die hart auf dem Herzen liegen und das Leben schwer machen.
Da geht uns wohl manches Mal wie den Frauen auf ihrem Weg zum Grab. Wer soll uns diese Steine nur wegwälzen? Sicherlich, wir geben uns beste Mühe, mit ihnen zurechtzukommen. Und manche Steine können wir wegschaffen. Am besten dann, wenn wir nicht alleine sind, sondern Probleme gemeinsam wälzen können.
Aber doch gibt es Steine, die liegen so schwer auf dem Herzen, dass sie uns zu groß sind und bleiben. Der Tod ist ganz gewiss einer der schwersten Steine. Ich kann versuchen, zu akzeptieren, dass Krankheit und Endlichkeit zu diesem Leben gehören. Ja, ich kann verscuhen, auch schwere Steine in schöne Farben zu färben. Und doch bleibt ihre Schwere bestehen. Es bleibt die Schwere des Todes und der Trauer ums Leben. Daran ändern wir mit all unseren Bemühungen nichts.
„Und sie sahen hin und wurden gewahr, dass der Stein weggewälzt war.“
Ostern ist das Fest der fallenden Steine. Das ist der Grund, warum wir heute feiern. Da, wo wir unter der Last des Lebens leiden, ist Gott nicht fern. Und da wo wir und unsere Kraft ans Ende kommen, da ist Gott noch lange nicht am Ende. Kein Stein vor eines Grabestür und kein Stein auf einem Menschenherz ist zu schwer für ihn. Was für ein wunderbarer Gott, der es Ostern werden lässt und uns ewige Hoffnung schenkt.
Liebe Gemeinde,
Um ganz praktisch zu spüren, was Ostern bedeutet, lade ich dazu ein, heute oder morgen mal einen Stein in die Hand zu nehmen. Die Härte, Kälte und Schwere zu fühlen. Und dann ganz bewusst fallen zu lassen. Ostern, Halleluja.
So heißt es in einem alten und trostvollen Osterlied:
„Quält dich ein schwerer Sorgenstein, dein Jesus wird ihn heben; es kann ein Christ bei Kreuzespein in Freud und Wonne leben. Wirf dein Anliegen auf den Herrn und sorge nicht, er ist nicht fern, weil er ist auferstanden.“ (Lorenz Lorenzen, 1770, ELKG 88,4)
Amen.