Sexagesimae

Auf der Seite "Andachten" finden Sie einen einen Gottesdienst von Pfarrer Schröder zum Hören, die Predigt folgt hier als Text und am Ende wieder als PDF verlinkt.

Predigt zum Sonntag Sexagesimae

 

4 Als nun eine große Menge beieinander war und sie aus jeder Stadt zu ihm eilten, sprach er durch ein Gleichnis: 5 Es ging ein Sämann aus zu säen seinen Samen. Und indem er säte, fiel einiges an den Weg und wurde zertreten, und die Vögel unter dem Himmel fraßen's auf. 6 Und anderes fiel auf den Fels; und als es aufging, verdorrte es, weil es keine Feuchtigkeit hatte. 7 Und an-deres fiel mitten unter die Dornen; und die Dornen gingen mit auf und er-stickten's. 8 Und anderes fiel auf das gute Land; und es ging auf und trug hundertfach Frucht. Da er das sagte, rief er: Wer Ohren hat zu hören, der höre! 9 Es fragten ihn aber seine Jünger, was dies Gleichnis bedeute. 10 Er aber sprach: Euch ist's gegeben, zu wissen die Geheimnisse des Reiches Gottes, den andern aber ist's gegeben in Gleichnissen, dass sie es sehen und doch nicht sehen und hören und nicht verstehen. 11 Das ist aber das Gleichnis: Der Same ist das Wort Gottes. 12 Die aber an dem Weg, das sind die, die es hören; danach kommt der Teufel und nimmt das Wort von ihrem Herzen, damit sie nicht glauben und selig werden. 13 Die aber auf dem Fels sind die: Wenn sie es hören, nehmen sie das Wort mit Freuden an. Sie haben aber keine Wurzel; eine Zeit lang glauben sie, und zu der Zeit der Anfechtung fallen sie ab. 14 Was aber unter die Dornen fiel, sind die, die es hören und gehen hin und ersticken unter den Sorgen, dem Reichtum und den Freuden des Lebens und bringen keine Frucht zur Reife. 15 Das aber auf dem guten Land sind die, die das Wort hören und behalten in einem feinen, guten Herzen und bringen Frucht in Geduld. (Lukas 8,4-15)

Liebe Gemeinde,

wir hören heute aus dem Evangelium ein Wort über das Hören. Jesus ruft seine Jünger auf: „Wer Ohren hat, zu hören, der höre!“ Auf den ersten Blick – oder besser gesagt – auf das erste Hören klingt das ganz schön trivial. Wie sollten wir auch nicht hören? Meine Augen kann ich schließen. Aber meine Ohren? Solange diese noch funktionieren, brauche ich schon richtig gute Ohrstöpsel, um mich gegen das Hören zu wehren. Was soll dann also ein Aufruf zum Hören?

Dass es mit dem Hören doch nicht ganz so einfach ist, hat wahrscheinlich jeder schon einmal erlebt. „Sag mal, hast Du mir eigentlich richtig zugehört?“ „Oh man, da hast Du dich aber echt verhört!“ „Ich glaube, ich habe etwas überhört.“ Sätze, wie diese kennt so oder so ähnlich wohl jeder. Wieviele Beziehungen leiden darunter, dass es mit dem Reden und Hören, mit der Kommunikation, eben doch gar nicht so einfach ist. Die richtigen Worte zu finden, die ausdrücken, was ich fühle, was ich meine und was ich will. Das kann ganz schön schwierig sein.

Und auf der anderen Seite ist es beim Hören nicht ganz anders. Denn Hören meint ja mehr als nur ein akusti-sches Signal wahrzunehmen. Da kann mir jemand etwas sagen, aber ich bin so abgelenkt, dass ich es gar nicht richtig aufnehme. Oder ich habe solch eine Wut auf den Anderen im Bauch, dass ich ihm jedes Wort krumm-nehme und gar nicht höre, was er wirklich sagt. Was es immer wieder braucht in unseren Beziehungen ist ein Zuhören, ein zugewandtes und achtsames Hören. Heute spricht man oft vom aktiven Zuhören. Wo ich das er-lebe, dass jemand mir zugewandt ist und versucht zu hören, was ich sage und meine, tut das richtig gut. Und das ist ein so wichtiger Bauteil für unser Zusammenleben.

Ebenso ist es auch mit dem Wort Gottes. Auch hier braucht es nicht nur ein Hören, sondern ein Zuhören. Und in diesem Sinne sagt Jesus: „Wer Ohren hat zu hören, der höre!“ Dazu gibt Jesus seinen Jüngern eine gute Bei-spielgeschichte. Es ist mit dem Wort Gottes so wie bei einem Sämann, dessen Saat auf verschiedenen Boden fällt. 

Da ist Samen, der auf den harten Weg fällt und gleich weggenommen wird. So wie ein Wort, das auf ein ver-schlossenes Herz trifft, das gar nicht hören kann. Da ist Samen, der auf steinigen Boden fällt. Erst geht der Same auf, dann hat er aber zu wenig Grund und Boden, um Wurzeln schlagen zu können. So wie ein Wort, das für einen Moment gerne gehört wird, aber dann auch wieder beiseitegelegt und nicht weiter beachtet wird. Da ist Samen, der unter die Dornen fällt und erstickt. Wie ein Wort, das zwar gehört, dann aber von so viel anderen Dingen überlagert wird. Zuletzt ist da Samen, der auf gutes Land fällt und dort Frucht bringen kann. Wie ein Wort, das gehört und dann bewahrt und gelebt wird.

Wenn Jesus uns so die verschiedenen Arten des Hörens aufzeigt, dann merke ich: Irgendwie gehöre ich nicht nur zu einer dieser Gruppen. Ich kenne sowohl das verhärtete Herz, das gar nicht aufnahmefähig ist, als auch das flüchtige oder zersorgte Herz. Und ich hätte so gerne ein feines, gutes Herz, in dem Gottes Wort Frucht bringen kann: Frieden. Hoffnung. Liebe. Glaube.

Wie aber bekomme ich solche ein gutes, feines Herz? Wie kann ich aufmerksam werden für Gottes Wort? Wie kann hier ein echtes Zuhören gelingen? Schauen wir dazu doch noch einmal auf die drei Hörhindernisse, die das Gleichnis verdeutlicht.

Da sind einmal die Dornen, unter denen der Same erstickt. Gottes Wort kann in unserem Alltag ersticken, wenn da kein Platz mehr ist zwischen all unserem Alltag. Da sind in gewöhnlichen Zeiten ja so viele Dinge zu bedenken und Termine wahrzunehmen. Da sind manche Sorgen, die unser ganzes Herz einnehmen wollen. Und was will ich nicht noch alles machen und erleben. Doch wo ist Raum, um auf Gottes Wort zu hören? Um aufmerksam zuzuhören, braucht es in unserem Leben einen Raum für Gottes Wort. Solch ein Raum ist der Gottesdienst. Wo wir stille werden, um Gottes Wort zu hören. Doch auch im Alltag kann es solch „Stille Zeit“ geben - eine Zeit am Tag, die frei ist von allem Tun, Planen und Bedenken. Zeit für das Zuhören. Und vielleicht ist die Verlangsamung dieser Tage, die manche von uns erleben, eine gute Möglichkeit, damit anzufangen oder neu anzufangen.

Da sind dann auch die Felsen, auf denen der Same keine Wurzel schlagen kann. Gottes Wort muss in unserem Leben in die Tiefe gehen können, um in schweren Zeiten durchzutragen. Es reicht nicht, ein einziges Mal acht-sam zugehört zu haben und dann wieder zum business as usual überzugehen. Dann verdorrt das Gehörte ganz schnell. Wenn das Wort Gottes Frucht bringen soll in unserem Leben, dann braucht es Tiefgang. Dann braucht es Wiederholung und Regelmäßigkeit. Luther sprach einmal davon, dass das Wort Gottes immer wieder zu trei-ben und zu reiben ist.1 Dann kann es je länger je mehr auch Wurzeln schlagen in uns und Frucht bringen.

Und dann ist da noch der Weg, auf dem der Same gar keine Chance hat, sondern weggenommen wird. Ganz schön hart. Der Weg erinnert uns daran, dass wir selbst es letztlich nicht machen können, dass Gottes Wort in unserem Herzen ankommt. Keine Andacht oder stille Zeit und keine Regelmäßigkeit kann das machen. Wir sind darauf angewiesen, dass Gott sein Wort aussät und wieder aussät und wieder aussät. Bis es gutes Land findet und ankommt in unserem Herzen. Wie gut, dass Gott geduldig ist wie ein Sämann, der nicht nur einmal ausgeht. Sondern jeden Morgen neu.

Und daher steht bei unsere Suche nach dem guten Land am Anfang und am Ende das Gebet. Nämlich das Gebet darum, dass Gott uns ein gutes Herz für sein Wort schenken möge. Und dieses Gebet geht nicht ins Ungewisse. Denn der, der uns zum Hören aufruft, ist selbst ein Gott, der hört – zuhört. Bei ihm gibt’s kein Überhören oder Verhören. Er hört uns zu, das hat Jesus gesagt. Auf ihn, den zugewandten Gott, können wir vertrauen. Sein Wort bleibt nicht ohne Frucht.

Amen.

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