Zum 200. Geburtstag von Friedrich Brunn

Ohne Friedrich Brunn gäbe es wohl die Evangelisch-Lutherische St. Johannes-Gemeinde Limburg nicht, ebenso wenig wie viele andere lutherische Gemeinden, wie etwa die in Steeden, Allendorf/Ulm, Allendorf/Lumda und Gemünden; aber auch für die Gemeinden in Frankfurt, Wiesbaden, Köln und Saarbrücken war Brunn einer der Wegbereiter.

Wer war dieser Pfarrer Brunn? Wie kam es zu so vielen lutherischen Gemeinden insbesondere in den alten nassauischen Landen?

Gott habe Werkzeuge und Wege zur Bildung einer freien lutherischen Kirche in Nassau „ersehen und verordnet“, schreibt Friedrich Brunn in seinen „Mitteilungen aus meinem Leben“. Und weiter: „Es reichen diese Wege bis zurück in die Jahre meiner frühesten Kindheit und Jugend, welche noch in die Zeit der tiefsten Finsternis und Herrschaft des Rationalismus in Deutschland fällt.“

Friedrich Brunn wurde vor 200 Jahren, am 15. Februar 1819, auf Schloss Schaumburg an der Lahn, mitten im damaligen Herzogtum Nassau geboren, wo an dem fürstlichen Hofe sein Vater Hofprediger war. Bis zu seinem 18. Lebensjahr sei er nirgends auch nur in die entfernteste Berührung mit christlicher Wahrheit oder gläubigen Christen gekommen, schreibt er in seinen Erinnerungen.

Nach dem Besuch des Gymnasiums in Weilburg begann er auf Wunsch seines Vaters ein Theologiestudium in Leipzig, was für seinen weiteren Lebensweg eine prägende Zeit war. Sein Studium setzte er in Bonn und Herborn fort. Nach zwei Kandidatenjahren bei seinem Vater erhielt er seine erste Amtsstelle als Hilfsprediger in Runkel mit drei eingepfarrten Orten, wozu auch Steeden gehörte, wo, wie er schrieb „eine fast unbeschreibliche geistliche Finsternis herrschte“. Bei seiner ersten Predigt waren nur fünf Männer in der Kirche. Sein Wahlspruch war besonders der Text „Schaffet, dass ihr selig werdet, mit Furcht und Zittern“.

Anfangs in erster Linie durch seine Besuche, nach dem Motto, „wer nicht zu mir kommt, zu dem komme ich“, dann vor allem auch durch seine Predigten, zeigten sich bald erste Spuren einer beginnenden mächtigen Bewegung. Bibelstunden und die Verbreitung christlicher Literatur waren wesentliche Teile von Brunns Arbeit.

Die Trennung von der unierten nassauischen Landeskirche und die Bildung einer freien lutherischen Gemeinde waren unmittelbare Frucht und notwendige Folge des im Runkeler Kirchspiel und seiner Umgebung neuerweckten christlichen Lebens.

Pfarrer Brunn wurde von der Staatsregierung die polizeiliche Verweisung aus dem Amtsbezirk Runkel angekündigt, und den beteiligten Steedener Gemeindegliedern von einem Abgesandten der Regierung aus Wiesbaden im Steedener Rathaus das Verbot ihres Austrittes aus der Landeskirche mitgeteilt. Das geschah genau an dem Tag, als die Gemeindeglieder das erste Bauholz für die neu zu errichtende lutherische Kirche herbei fuhren.

Gottesdienste wurden von der Polizei unterbrochen, und für eine Taufe wurden Geldstrafen auferlegt. Da er entgegen dem herzoglichen Verbot Amtshandlungen begangen hatte, wurde Brunn verurteilt, binnen acht Tagen das Amt Runkel zu verlassen; Gemeindeglieder, die für ihn aussagten, wurden ins Gefängnis geworfen. Er verließ daraufhin Steeden. Zurückkehren konnte er erst nach der Märzrevolution 1848, durch die die Religionsfreiheit vom Herzog erzwungen wurde. In der Folge schlossen sich viele Familien aus nahe und entfernter liegenden Dörfern den Steedener Lutheranern an, und es entstanden viele weitere Predigtplätze.

Nach dem Bruch mit der evangelischen Landeskirche kam es zum Zusammenschluss mit anderen lutherischen Gemeinden, insbesondere aus Sachsen, zur Evangelisch–lutherischen Freikirche, die sich 1972 mit anderen lutherischen Kirchen zu unserer SELK zusammenschloss. Die St. Johannes-Gemeinde besteht seit 1952, bis dahin war sie ein Predigtplatz der Steedener Zionsgemeinde. Pfarrer Friedrich Brunn starb 1895 und wurde in Steeden begraben, wo sein Grab heute noch vorhanden ist.

Oswald Schmidt

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Pfarrer Friedrich Brunn